Kirche-JVA-Kleve
 

 

aus: rp-online 11.04.2007

 

Kreis Kleve
Letztes Hemd, erste Hoffnung
VON CHRISTIAN HERRENDORF –

 

Kreis Kleve (RP)
Der Gelderner Künstler Peter Busch hat in der Klever JVA den Gebetsraum neu und ausgesprochen schön gestaltet: mit den Gefangenen, für alle Religionen und als Anfang einer Reise zu neuen Ufern.

Zur Arbeit von Peter Busch im Klever Gefängnis passen zwei Verse seines Nachnamen-Vetters Wilhelm. „Das Gute – dieser Satz steht fest / ist stets das Böse, was man lässt“, schrieb der Dichter 1872. Der Künstler Peter Busch ließ gleich Diverses, als er den Gebetsraum der Klever JVA neu gestaltete: Er ließ es von vornherein sein, Pläne vorzugeben und entwickelte zusammen mit den Gefangenen ein Konzept.
Er ließ zudem von der Idee ab, im zentralen Bild lauter Wortpaare (gut und böse, schön und hässlich) darzustellen und beschränkte sich stattdessen auf ein schlichtes Plus- und ein schlichtes Minuszeichen. Und schließlich ließ er sich trotz aller Konflikte, die der gläubige 59-Jährige mit der Kirchen ausgetragen hat, nicht von der Arbeit abhalten. Der Lohn: Mittlerweile besuchen bis zu 90 Gefangene die Gottesdienste im Knast.

 

 

 

ich mag narben


Als Peter Busch zum ersten Mal in den Gebetsraum kam, war er weit und breit der einzige, der Gefallen an ihm fand. Ein alter PVC-Boden, keine Vorhänge, beschmierte Stühle. „Ich mag Hinterlassenschaften, die wie Menschen Narben und Spuren der Zeit tragen. Ich musste den anderen aber natürlich Recht geben, dass der Raum eine Funktion hat und diese Funktion eine gewisse Aufenthaltsqualität voraussetzt“, sagt der Gelderner, der in seiner Heimat seit 15 Jahren Kunst im Knast macht.
Busch und seine Helfer fanden unter dem hässlichen PVC schönes altes Parkett. Dank der Spenden vom Förderverein und einer Stiftung, die sich für die Herrichtung von Kirchenräumen einsetzt, erneuerten sie zudem Lampen, Stühle und Vorhänge.

Künstler Peter Busch (r.) und Karl Schwers, Leiter der JVA Kleve.
Bliebe noch das Podium. Da im Klever Gefängnis Angehörige aller Religionsgemeinschaften sitzen, verzichteten die Renovierer auf ein all zu dominantes Kreuz. Auf dem christlichen Symbol hängt nun ein Hemd – das letzte Hemd, auf dessen Brust „Plus“ und „Minus“ prangen.
Das Hemd ist zugleich auch Segel, denn am Fuße des Kreuz ist Teilen eines Weinfasses ein Schiff entstanden. „Das Schiff steht in allen Kulturkreisen für die Gemeinschaft und die Hoffnung, zu neuen Ufern aufzubrechen. Eine Hoffnung, die viele, wahrscheinlich alle Gefangenen haben“, sagt der Künstler im RP-Gespräch.

Der Wandel
Große Fahrten und der damit verbundene Wandel sind auch die Themen des besonderen Altars in Kleve. In seinem Atelier fand Busch einen weitgereisten Überseekoffer, auf den er eine Glasplatte montierte. An der Seite schnitt er einen Schlitz in den Koffer, durch ihn können die Gefangene Zettel mit geheimen Wünschen und Hoffnungen werfen. Busch selbst hinterließ ein Zitat des Dichters Hermann Hesse im Koffer: „Es ist gar nicht so wichtig, was man glaubt, sondern dass man glaubt.“